Das Wunder der Präsenz anhören
Oft sind Tiere und Kinder in der Lage unser Denken für Momente auszuhebeln und uns grundlos durch ihr einfaches Dasein zu erfreuen. Kleine Kinder laufen umher und berühren so viele Menschen mit ihrer Tollpatschigkeit und ihren großen, wachen Augen. Man will sie beschützen und einfach nur dabei begleiten, wie sie durchs Leben tapsen. Ähnlich ist es auch bei Hunden oder Katzen oder anderen Tieren, die man beobachten kann. Sie sind einfach nur hier und machen, was sie eben
so tun.
Allein ihr Dasein reicht aus, um ein Lächeln auf mürrische Gesichter zu zaubern und bei ihrem Anblick Freude zu empfinden. Sie können den Gedankenstrom, der bei den meisten Menschen ununterbrochen läuft, für Augenblicke unterbrechen und sie hierherholen, wo die grundlose Freude wohnt: In der Präsenz des Daseins selbst.
Die Präsenz, die von Natur aus in unserem Dasein liegt, ist kein esoterischer Hokuspokus und kein spirituell-geistiges Konstrukt, sie ist nichts Geringeres als die dem Menschen zugrundeliegende Natur. Die Einfachheit dieser Tatsache zeigt sich darin, dass jeder Mensch in der Lage ist, sich auf sie zu besinnen. Und zwar immer dann, wenn er hier und jetzt anwesend ist.
Es fällt auf, wie angenehm es ist …
Das bedeutet, die Aufmerksamkeit, die ansonsten permanent mit dem beschäftigt ist, was in der Wahrnehmung auftaucht, (Gedanken, Gefühle, Menschen, Umstände, Situationen …) ist gerade unbeschäftigt und liegt allein bei sich selbst. Du bist einfach nur da und wirst Dir Deiner grundlosen und zwecklosen Anwesenheit gewahr.
Hier fällt Dir erstmal auf, wie angenehm sich das Verweilen in der Präsenz, die Du bist, anfühlt. Sie scheint allerdings erst dann auf, wenn der Geist ruht. Dann fällt auf, dass sich das Gewahrsein, das immer da ist, seiner selbst bewusst ist. Die Präsenz weiß also um sich. Und dafür muss sie gar nichts „tun“.
Im Gegenteil, erst im geistigen Nichttun, tritt die Präsenz in den Vordergrund der Erfahrung. Manche kennen das in Zuständen der Erschöpfung. Wenn man sogar zum Denken zu schwach ist. Dann liegen wir vielleicht auf dem Sofa oder im Bett und schauen einfach nur aus den Augen und sind nur „da“.
Weder wollen wir etwas, noch wollen wir etwas nicht.
Jeder Gedanke verbraucht Energie, Präsenz verbraucht gar nichts
Diese Erfahrung muss nicht erst eintreten, wenn wir körperlich und geistig am Ende sind. Das Schöne ist, dass wir nichts brauchen, um uns unseres Daseins gewahr zu sein. Im Gegenteil, für alles andere müssen wir geistig aktiv werden und Energie verwenden. Jeder Gedanke verbraucht Energie, jedes Gefühl, jede Meinung und ihre emotionale Ladung, wenn wir sie verteidigen wollen, benötigt Kraft. Jeder Glaube an etwas strengt an.
Es ist eine unglaubliche Erfahrung, festzustellen, dass das grundlegende, natürliche Dasein weder geistige noch körperliche Aktivität benötigt, um sich als existent zu erfahren. Präsenz ist schon, auch wenn kein Mensch sich jemals auf sie besinnen würde. Nichts macht sie ungeschehen, nichts kann sie vom Dasein abhalten, nichts kann sie verändern oder trüben. Sie ist in jedem Menschen anwesend, wie ein Lebenslicht, das ihn aufrechterhält. Und sie ist in jedem Menschen dieselbe Präsenz, da jeder Mensch dieselbe Entdeckung macht, wenn er sie macht.
Wir müssen an nichts und niemanden glauben, um die Erfahrung unserer Anwesenheit zu machen. Wir brauchen weder die Wissenschaft noch die Religion noch die Spiritualität, keine Philosophie und kein Glaubenssystem, um die Augen zu schließen, den Mund zu halten und nur zu spüren, was hier anwesend ist. Einzig und allein der Sog in unsere gewohnten Glaubenssysteme redet uns ein, dass es um mehr geht als um das. So einfach kann es doch nicht sein. Nicht wahr? Wir müssen erst Gott dazu sagen oder Universum, oder Bewusstsein oder ICH BIN oder was auch immer, dann müssen wir es aus uns herausstellen, um es anbeten oder suchen und finden zu können und dann müssen wir hoffen, dass uns die Gnade ereilt es in diesem Leben noch zu schaffen, das alles zu verstehen.
Nein … so einfach ist das nicht!
Weil es nicht so einfach sein kann. Warum? Wer sagt das? Doch nur der Glaube daran, dass es kompliziert sein muss, sich selbst auf den Grund zu gehen. Verweilt man jedoch geistig, emotional und körperlich dort, wo man gerade ist, geschieht es, dass man einfach nur deckungsgleich mit sich selbst ist. Präsenz ist sich ihrer selbst gewahr. Hier und ausschließlich hier kann die Vertiefung geschehen, die nötig ist, um sich ihrer Strahlkraft so bewusst zu sein, dass dem Sog der Glaubenssysteme freudig widerstanden wird. Mühelos. Weil es absurd erscheint, hier wieder raus zu sollen.
Wofür? Um sich über irgendetwas und irgendjemanden aufzuregen? Sich wieder Sorgen zu machen? Um irgendetwas für unmöglich zu halten und zu glauben, dass die Dinge irgendwie anders laufen müssten? Um recht zu haben und danach zu trachten auch recht zu behalten, damit die anderen Idioten ein für alle Mal Bescheid wissen, wer es wirklich weiß? Um Applaus für irgendetwas zu bekommen und sich bestätigt zu fühlen, und sich dann wieder zu grämen, wenn er für irgendetwas anderes ausbleibt? Um es allen recht zu machen, damit man sich endlich mal entspannen kann? … Wie anstrengend, nicht? Weder Gewalt, noch Lieblosigkeit, noch Manipulation oder Kriminalität in irgendeiner Form sind im Licht Deiner Präsenz denkbar.
Es ist unsere Aufmerksamkeit, die immer in Bewegung ist, sie heftet sich hierhin und dorthin, je nachdem, was bewusst oder unbewusst gerade von geistigem Interesse ist.
Willst Du Dir Deiner Präsenz gewahr werden, dann interessiere Dich für Deine Präsenz. So einfach ist das. Dann richte Deine Aufmerksamkeit auf sie und damit auf sich selbst und nicht auf all das, was Dich davon abhält sie zu erfahren. Erforsche sie, ergründe sie, schau hin!
Es ist natürlich …
Weil Du es kannst. Weil jeder Mensch mit diesem Instrument ausgestattet ist. Die meisten wissen nichts davon oder sie glauben nicht daran, dass auch sie die Schönheit, Entspanntheit und einfache Freude ihres Daseins einfach so und sogar permanent erfahren können, indem sie sich von nichts Geringerem ablenken lassen und einfach nur hierbleiben, wo sie sind.
Dann wird es offen-sichtlich: Das unfassbare Wunder, dass wir hier sind. Über das kein Mensch sagen kann, woher es kommt und was es ist. Wir können nur beschreiben und spekulieren und versuchen die Spekulationen zu beweisen, was ein endloses Unterfangen ist, und viele Wissende schafft, die nur glauben etwas zu wissen, was aber gar nicht durch Wissen wissbar ist.
Und das liegt nicht daran, dass die Technologie noch nicht so weit ist, dass wir es wissen könnten. Es liegt daran, dass Präsenz, die sich selbst erfährt, nichts über sich wissen muss, denn sie ist, was sie ist. Sie weiß aus sich selbst heraus, was es zu wissen gilt. Das genügt, um sich gar nicht mehr aus diesem Erfahrungsfeld herausbewegen zu wollen. Weil es so schön ist: Einfach, unaufgeregt, entspannt und klar. Von hier aus haben wir als Menschheit noch gar nicht begonnen zu leben. Wir wissen überhaupt nichts darüber, weil wir uns noch nicht gewagt haben nicht zu wissen und einfach nur die Erfahrung reiner Präsenz zu machen. Aber wer weiß? Vielleicht ändert sich das ja hier und jetzt.
Liebe Nicole,
hab Dank auch für dieses Geschenk, welches sich hinter „Kalender-Türchen Nr. 2“ befindet. Die Aussage „Es ist natürlich…Weil du es kannst“ hat bei mir gerade richtig was ausgelöst. Ich verstehe auch nun warum mir die Präsenz immer wieder vermeintlich entglitten ist…da ich den Gedanken geglaubt habe „das schaffe ich nie“ oder „die Stille, das Gewahrsein ist gleich wieder weg“…jetzt kann ich über meinen Irrsinn nur noch schmunzeln 😄.
Liebe Sanja, ja, das meinte ich, in dem Newsletter gestern, mit dem Tanker auf See, der nur schwer in eine andere Richtung zu bewegen ist. Aber wenn das mal geschehen ist, dann fährt es sich leicht weiter. Es geht um diese Perspektivverschiebung, die uns aus einer anderen Richtung schauen lässt. Eine Richtung, die wir bisher nur noch nicht eingenommen hatten, die aber da war. Von hier aus sehen wir, woran wir geglaubt haben. Vorher war das nicht sichtbar. Jetzt „wissen“ wir… Ich freu mich über Deinen Kommentar! Herzlich Nicole
Liebe Nicole, ich sehe, was mein Verstand mit mir machen will, oder ist es die Persönlichkeit? Gibt es da einen Unterschied? Jedenfalls redet er mir ein, dass „Dasein“ doch nichts besonderes ist, das ist so normal. Da ist nix dran, ist doch langweilig, da passiert doch nichts … Kannst Du dazu was sagen? Wenn Du darüber schreibst, hört es sich immer so toll an, dass ich das auch haben will, aber wenn ich meine Augen schließe, dann denke ich nur … „und jetzt?“ LG Chris
Der Verstand ist der Verstand, lieber Christoph und er ist ganz wunderbar, ein tolles Instrument für all unsere Aktivitäten. Der Verstand in Kombination mit dem Glaubenssystem ist eine Katastrophe ;-). Diese Kombi lässt Dich die Brille nicht abnehmen und nicht erfahren, was Präsenz wirklich ist. Was dieses Dasein in seiner umfassenden Tiefe und Schönheit eigentlich ist. Nur der wissenden und glaubenden Persönlichkeit kann es langweilig werden, nur sie glaubt zu wissen, wie es sich anfühlt. Also Du kannst sicher sein, wenn Du Dich in der Einfachheit Deines Daseins langweilst, spürst Du allein die Erwartungen Deines Ichs … 🙂 LG Nicole
Liebe Nicole.
Vielen Dank für das Geschenk
aus uns für uns,
überbracht von dir,ganz ohne Verpackung.
Danke, Nicole, für diese Klarheit. LG Chris
Das alles habe ich als Kind schon gespürt und gewissermaßen „gewusst“. Nur dachte ich, das wäre meine private Verträumtheit oder Andersartigkeit. Und an das „echte“ Leben da draußen müsste ich mich erst anpassen und mich vor den „Anderen“ eher verstecken. Und die Versuche, das eigene „Ich“ zu spüren und nachzuvollziehen! Hat natürlich nicht funktioniert. Und dann schiebt man alles weg und versucht stattdessen, in dieser Welt zu bestehen, Platz zu finden, den zu verteidigen. Nebenbei viel esoterische Suche. Schmerzhaft. Es war tatsächlich immer die Natur, die geholfen hat, in diesen Zeiten.
Liebe Natalja, lass Dir versichern, dass Du definitiv nicht allein bist mit dieser „Biografie“, Du würdest staunen, wenn
Du wüsstest, wie vielen Menschen es auch so geht und ging. Um so schöner ist das Erkennen, dass sich das „eigene Ich“ schon immer
in der Natur wiedergefunden hat, in diesem klaren Spiegel, der nichts will, nichts braucht, weil er so ist, wie er ist. Dieses
Selbstleuchten, das in sich ruht und aus sich strahlt ist unser tiefstes, größtes, schönstes Potenzial. Es lässt uns direkt sehen und
fühlen, ohne Umwege und zeigt uns, dass wir schon immer die waren, die wir sind. Und wir uns nicht fürchten müssen vor den „anderen“,
weil sie nichts anderes sind als wir auch. Hinter den Masken liegt die gleiche Unsicherheit und auch die gleiche Möglichkeit, die gleiche Tiefe.
Und wenn wir uns zu uns selbst bekennen, ordnet sich jeder Lebensbereich von selbst. Es geht nur um das rückhaltlose sich Einlassen auf
das, was wir sind … Herzlich, Nicole
Liebe Nicole, was für eine schöne Idee! Jeden Tag ein Text von dir, also einen schöneren Adventskalender kann ich mir gar nicht vorstellen grade 🙂
Danke dir sehr für die stete Erinnerung und dein unermüdliches Hinführen zu dem, was Präsenz ist und wo ich sie finde. Mein höchstpersönlicher ‚Sog‘ hat es ganz schön in sich – um so schöner, durch deine ‚Brotkrumen‘ die Möglichkeit zu haben, immer wieder auf den Weg zurückfinden zu können. Und auch die Kommentare les ich total gerne …
Ich freu mich auf die kommenden Türchen und die Möglichkeit, den Dezember zu nutzen, meinen Tanker weiter in die Richtung zu lenken, in die er eigentlich fahren will. Herzliche Grüße zu dir!
Das hast Du schön gesagt, Katrin! Danke!
Einfach nur ent-spannt DA-SEIN … was für eine Sehnsucht danach …
sogleich rutscht ein Gedanke durch: „wenn das mal so einfach wäre“ …
ertappt. und nun?
Besonders berührt hat mich heute dein Mailtext: die Natur als Präsenz schlechthin … ja, so habe ich’s noch nicht betrachtet – es ist wahr … so ist es. Präsenz ist also nicht IN der Natur zu sein, sondern unser Natur-Sein leben.
Danke
Heute Morgen kam mir ein Gedanke zum Thema „Glauben“, nachdem mich das die Tage beschäftigt hatte und du einen neuen Impuls gesetzt hast:
Hat nicht schon Jesus gesagt „Nicht ich – dein Glaube hat dich geheilt.“ …
Kann also der Glaube nicht ebenso wie der Verstand als Werkzeug betrachtet werden, das weise am richtigen Ort eingesetzt Sinn macht?
Wie ist das aus deiner Sicht mit Heilungsprozessen: reicht es in schwerer Krankheit „nur“ präsent zu SEIN, um zu heilen? Hast du das schon so erlebt?
Liebe Valentina, wir haben immer ein Problem mit Worten … woher wollen wir wissen, ob Jesus wirklich „Glaube“ gesagt hat und nicht eher „Vertrauen“? Und falls er doch Glaube gemeint hat, woher wollen wir wissen, was genau er darunter verstand? Ich kann Dir nur sagen, was ich unter Glauben verstehe. Glauben ist die Überzeugung um etwas zu wissen, das momentan nicht in der Erfahrung auftaucht. Sobald es in der Erfahrung auftaucht, braucht es keinen Glauben mehr. Solange es nicht auftaucht, gibt es kein Wissen darum.
Vertrauen macht mehr Sinn. Vertrauen hat etwas mit Hingabe zu tun und nicht mit Überzeugungen und Wissen. Hingabe bedeutet die Haltung von Empfangen und wenn man in dieser Haltung ist, weiß man nicht aber man ist offen zu empfangen. Man ist offen für die Möglichkeit. Und somit hat man einen fruchtbaren Boden geschaffen.
Zum Thema Heilung. Auch hier – wer glaubt zu wissen, was richtig ist für den Körper und seine Regeneration? So viele Billionen Zellen wissen tagtäglich was sie zu tun haben. Und auf einmal sollen sie es nicht mehr wissen? Und zwar immer dann, wenn wir entscheiden, wann etwas an uns krank ist? Der Körper weiß und tut, was er tut. Wenn ich in der Krankheit mit dem, was ist, präsent bin, zeigt sich auch hier von selbst, was gerade ansteht. Ich spüre, was benötigt wird. Manchmal ist es ein Gang zum Arzt und dessen Medikamente, manchmal ist es auch nur Ruhe und Gelassenheit und Vertrauen, was benötigt wird. Wir wissen es nicht, wir können uns nur einlassen auf das, was sich zeigt und es sich zeigen lassen in der Offenheit, die wir sind.
Liebe Nicole,
ganz herzlichen Dank für deine so ausführliche Antwort. Ja, da sagst du was … die Worte … und die Bedeutungen … das will immer und immer wieder geklärt und bedacht werden.
Für mich, Valentina, liegt Glaube näher an Vertrauen/Hingabe, als an Überzeugung und ich kenne Menschen, wo das so ist, wie du es beschreibst.
Insofern könnte für mich dieses „Spüren, was benötigt wird“ auch mit Glauben gekoppelt sein, und so wie du es beschreibst würde ich eher das Wort Intuition benutzen. Dass sich diese umso besser wahrnehmen lässt, je mehr Präsenz möglich ist … ja, das ist völlig einleuchtend ~ ich kenne das so.
Und manchmal ist es ein starker Glaube, der einen durch lange Wege der Heilung trägt … 20 Jahre Heilungsweg durchzuhalten hätte ich vermutlich nicht geschafft ohne den Glauben daran, dass es auch mir gelingen kann, wenn es anderen gelungen ist. Oder war das inneres Wissen/Intuition? Logische Schlussfolgerung/Überzeugung? Wo ist da die Grenze …
Jedenfalls herzlichen Dank nochmal an die Erinnerung der Kopplung von Wort und Bedeutung – das ist so wichtig!!