Die einzige Freiheit, die es gibt, ist die Freiheit mit dem zu sein was ist und nicht zu wissen. Nur in diesem Zustand können wir das Leben vollkommen erfahren. Und nur so wissen wir überhaupt um sein offenes Geheimnis.

In jedem anderen Zustand werden wir hadern, hoffen, bangen, uns einsetzen, auf etwas hinarbeiten, leiden und in einer vorgestellten Zukunft leben. Denn in jedem anderen Zustand stellt sich das Leben als etwas Substanzielles dar. Als etwas, das Etwas ist.

Doch im Zustand der Freiheit spürst Du mit allen Fasern Deines Nichtwissens, den atemberaubenden Hauch des absoluten Seins. Warum ist er so atemberaubend? Wenn Du über gar nichts vorgibst etwas zu wissen, über gar nichts – blitzt für einen Augenblick die Ewigkeit in Deinem Herzen auf.

Endlich entlassen …

Du spürst für einen Augenblick, was es heißt, dass absolut alles möglich ist. Ohne zu wissen, was das ist. Allein die Möglichkeit, dass es möglich ist, dass alles möglich ist, weil Du definitiv nicht weißt, tötet alles geglaubte Wissen in einem einzigen Moment.

Für jemanden, der diesen Blick noch nicht erhascht hat, bleiben diese Worte sicher seltsam leer, unbedeutend und unlogisch. Aber allein die Augen in diese Richtung zu lenken, erschafft vielleicht eine Ahnung davon, wie sehr wir unter dem Joch der geistigen Strukturen stehen, die wir seit Jahrtausenden in unserem Verstand errichtet haben. Wir müssen an sie glauben und dadurch das Leben für etwas halten, das ernsthaft, schwer, bedeutungsvoll, tragisch, dramatisch, wichtig und nötig ist. Und dann blicke in die Augen eines Sterbenden und sieh die Weite darin …

Und die Freiheit. „Endlich entlassen“, scheinen sie zu sagen. Wenn die Person gegangen ist, gibt es keine Angst mehr. Nur die Persönlichkeit ist voller Sorge, Panik, voller Probleme und Dinge, die nicht sein dürfen. Nur sie weiß was bitte zu sein hat und was bitte nicht. Geh an den Rand des Abgrunds und sieh voller Unwissen hinein. Oder bleib weiter in der Angst stecken und lebe Dein Leben in diesem leidvollen Schatten Deiner selbst.

Nicht das letzte Wort

Natürlich bin auch ich ein Mensch und angebunden an diese Erde. An diese Wahrnehmung, wie sie ist. Ich spüre meine Limitierungen, ich sehe sie, ich erfahre sie. Aber ich glaube nicht an ihr letztes Wort. Ich weiß, dass alles nur Ergebnis einer Sichtweise ist. Nur die Sichtweise erschafft den Film, den wir sehen. Die Frage ist, wie sehr können wir erfassen, was es bedeutet mit leeren Augen zu sehen? Mit Augen, die nicht wissen, was das ist, das gesehen wird. Nur diese Augen sehen und erfahren alles.

In diesem „alles“ ist alles enthalten, was vorstellbar und unvorstellbar ist. Wir wissen nichts über den Tod, wir wissen nichts über das Leben. Wir wissen nichts über die Liebe. Wir kennen nur unsere Gedanken und Gefühle und den Widerstand dagegen. Aber wir spüren so gut wie nie die Freiheit, in der sie auftauchen. Die spüren wir einfach nicht, weil man sie nicht spüren kann. Nicht auf die uns bekannte grobe, körperliche Weise.

Wir spüren sie nur im Geist, weil die Freiheit der Anfang und das Ende von Allem ist und der Anfang und das Ende von Allem ist allein das Bewusstsein, dass hier etwas ist, das anwesend ist und (hin)sieht. Mein Hund sieht mich oft so an, dass ich diesen Blick erkenne. Er sieht mich an und sieht doch nichts. Er sieht nicht „mich“, so wie ich mich sehe. Er sieht nur hin. Er erfasst und erfährt etwas, wovon nur er wissen kann. Und er ist vollkommen in Frieden damit.

Keine Alternative

Ich sehe in die Welt und kenne sie nicht. Selbst wenn ich Muster erkenne, was hat das schon für eine Bedeutung? Vor meinen Augen findet ein permanenter Kulissenwechsel statt. In meinem Herzen findet ein permanenter Stimmungswechsel statt, von morgens bis abends.  Welche Bedeutung sollen Kulisse und Stimmung haben, wenn sie immer wechseln? Alles kommt und geht. Jeder Mensch erfährt diese Bewegung.

Und gleichzeitig erfährt er auch die absolute Stille, in der die Bewegung stattfindet. Die Bedeutung zeigt sich allein in diesem Augenblick und zu ihm gehören Kulisse und Stimmung. Sie sind nicht von ihm getrennt. Sie offenbaren die Bedeutung, die gerade eben in der Wahrnehmung erfasst wird.

Jetzt sitze ich mit der Tasse Kaffee auf der Wiese im Garten und sehe in die Wolken. Das ist genau die Bedeutung in diesem Augenblick. Weil es sich so abspielt. Würde es sich anders abspielen, und ich in einem Büro sitzen und dort Akten bearbeiten, wäre nur dieses Szenario von Bedeutung, weil es sich zeigt. Kein Augenblick hat eine Alternative.

Keine Bedeutungen in der Bedeutung

Bedeutung und Substanz zeigen sich immer nur in diesem Moment. Er ist alles, was wir haben. Wir können komplett in ihm aufgehen und die absolute Freiheit schmecken, die in allem sichtbar wird, was ist. Oder wir verlängern die Bedeutung und ziehen sie in ein Morgen und Übermorgen, bis sie zum Gestern und Vorgestern wird und wir sie irgendwann loslassen müssen, um einer neuen Bedeutung Platz zu machen. Das alles ist weder nötig, noch sinnvoll, es erzeugt und erhält unterm Strich nur Leid und damit Unfreiheit und Blindheit.

Wir können uns in Freiheit begegnen. Jetzt in diesem Moment der Begegnung. Solange sie von sich aus andauert. Dann gleiten wir in die nächste Kulisse. Offen, empfangend, nichtwissend. Vollständig fühlend und darin gelassen. Was für eine Fülle sich darin zeigt! Keine Einschränkungen. Absolut jede komische Idee wird darin sichtbar, die sich zu einem Konzept aufspielen will und feststehende Bedeutungen in der augenblicklichen Bedeutung erschaffen will. Doch das geht immer schief.

Wir lieben uns und diese Liebe zeigt sich im absoluten Gelassensein. Wir folgen allein der Bewegung, die uns zueinander führt oder voneinander weg und alles darf von sich aus geschehen, ohne Einmischung einer persönlichen Instanz, die ihre eigenen Pläne verfolgt. Und das geschieht mit allem. Es ist ein Segen nichts zu erwarten, sich nicht mehr zu ärgern und sich über gar nichts mehr einen Kopf zu machen. Einwand: „Aber man muss doch …!“ Nein, muss man nicht. Muss man definitiv nicht.

Die einzige Heldenreise, die es gibt, ist das Wagnis unwissend in den tiefsten Abgrund zu sehen. Und bereit zu sein keine Ahnung zu haben, was dort auf uns wartet. Nur dann kann sich das Wunder zeigen.

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