Vom großen Gehaltensein - anhören

von Nicole Paskow

Streifen wir alle Worte ab, wie zu eng gewordene Kleider, nehmen wir den Dingen ihre Dinglichkeit. Lassen wir den Vogel fliegen, den Wind wehen, den Regen prasseln, das Herz jubeln. Schweigend, still und ohne Namen. Lassen wir uns frei – zu sein. Ganz nackt, noch nackter bis wir im gesamten Bild verschwinden. Bis wir verschwinden als Erhebung, die sich selbst nicht kennt.

Geben wir das Leid frei und halten es nicht fest als unser Eigen. Lassen wir die Freude fliegen als Lachen des Lebens, das sich selbst vernimmt. Und weinen wir die Tränen der Erde und zählen nicht die Schmerzen, die so scheinen als wären sie allein für uns gemacht.

Nichts ist für Dich. Nichts ist für mich. Alles ist. Für sich.

Dann wird es sichtbar. Das große Gehaltensein. Das Dich und mich trägt ohne uns zu tragen, weil es ist. Sagloses Sein ohne jeden Raum für ein Wissen über sich. Ohne jeden Namen sind wir als Gewissheit, die sich erfahrungslos erlebt. Unbekannt sicher, wie die Bergquelle, die sich sprudelnd verströmt, ohne zu fragen woher sie kommt. Jetzt bin ich hier. Immer wieder jetzt und hier. Kein Ort, nirgends. Kein Wissen möglich, weil ich geschehe, einfach geschehe als permanente Entfaltung aus dem Augenblick.

Wir sind gehalten im Gehaltensein. Es gibt kein Wir. Es gibt nur Sein. Mitten unter uns. Es ist so schön, mich nicht zu kennen. Es ist so schön mich zu verströmen wie die Blume ihren Duft. Als Strom ohne Richtung, als Atem in Nichts hinein, aus Nichts heraus. Ich war noch nie und werde immer sein.

Als Duft, als Wolken, als Dein Blick in meine Augen. Als alles, was sich sichtbar macht im stillen Lauf der Jahreszeiten und als jedes Quäntchen Sein, das in alle Sinne fällt.

Kein Ort ohne mich. Weil es keine Orte gibt. Es gibt nur Sein. Dieses eine Sein in diesem einen Augenblick. So, wie es ist. Oh große Freiheit! Ich sterbe in Dich hinein, ohne Dir jemals fern gewesen zu sein. Jetzt bin ich als Du. Unendliche Eröffnung …

Verschenke alles, was Du glaubst zu haben. Verschenke Deine Wunden, Dein Wissen, Dein Sehnen, Deine Suche, Dein Wollen, Dein Leersein, Deine Freude, Deine Zweifel, Dein Begehren, Deine Lust, Deine Last, Deinen Schmerz, Deine Sucht, Deine Angst, Deine Liebe, Deine Sorge, Deinen Kummer …

Verschenke es hinaus in das, was ist und behalte nichts für Dich. Denn nichts ist für Dich, nichts ist von Dir. Du bist, was alles ist. Genau so, wie Du bist. Wenn Du nichts davon behältst, bist Du in allem frei zu sein, was es durch Dich ist. Entleere Dich als Eigen-heit und Du wirst voll. Diese Vollheit ist unantastbar, weil sie sich selbst nicht weggenommen werden kann. Sie kann sich nicht verlassen, weil es keinen Ort ohne sie gibt. Sei vollkommen was Du bist, genau so, wie es ist und Du wirst nie mehr ohne Dich sein.

 

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