Liebe - anhören
Hast Du schonmal Deine Hand auf das Herz eines schlafenden Hundes gelegt? Hast Du schonmal gespürt, wie schnell es schlägt? Obwohl er schläft? Hast Du sein Dasein in Dir gespürt? Dieses hilflose Dasein, völlig ausgeliefert an das, was ist?
Vielleicht hast Du auch schonmal einem kleinen Kind beim Weinen zugesehen, ohne es zu unterbrechen oder zu trösten. Einfach nur zugesehen, wie die Tränen fließen, wie es die Nase hochzieht, die Augen wischt und mit der Zunge über die salzigen Lippen leckt. Bis die Tränen wieder aufhörten? Hast Du schonmal gespürt, welche Zärtlichkeit sich in Deinem Herzen regen kann?
Wenn Du den Vögeln zusiehst, wie sie durch die Wolken fliegen, sich gegenseitig fangen und in höchster Geschwindigkeit über den Himmel jagen – spürst Du auch diese Wildheit in Deinem Herzen? Diese völlige Sorglosigkeit und freudige Lust am Lebendigsein?
Kennst Du diesen leicht stechenden Schmerz von eiskaltem Wasser, das über Deine Finger rinnt, beim Waschen von Salat? Wasser … dieses Wunder der Klarheit, der Anpassung, der völligen Hingabe an alle Gegebenheiten? Diesen Spiegel für alles, was hineinsieht, was es passiert, es trägt …?
Kennst Du die frische, duftende Luft nach dem Regen an einem kühlen Herbsttag? Wie würzig es nach Erde riecht, wenn Du auf dem Land bist, oder nach Pflastersteinen und Asphalt in der Stadt. Immer ein Neubeginn, der in der Luft liegt, ein Aufatmen, ein weiter geht’s …
Hast Du Dich schonmal im Spiegel betrachtet, ohne Dich zu kennen? Ist Dir das schonmal gelungen? Einfach nur Deine Gestalt gesehen, wie sie da steht und Dich ansieht? Ohne Urteil?
Dann hast Du Dich einfach nur gesehen. So, wie Du eine Blume siehst, oder einen Käfer, der die Wand hochläuft. Hier ist ein Dasein, das aus den Augen sieht und sich bewegt, wie es das eben tut. Was sind wir mehr, als ein Handschuh, der um eine Kraft gehüllt ist, die nach unsichtbaren Mustern ihre Bewegungen vollzieht? Ihren eigenen, endlichen Tanz in der Sichtbarkeit?
Wir sind wie Käfer, Vögel, Hunde, Bäume, Blumen, Knospen und vergilbtes Laub. Wir sind gleich wie sie. Da ist etwas, das uns liebt. Es schlägt als unser Herz. Es fließt als unser Blut. Es weint als unsere Tränen, es lacht aus vollem Hals und frischem Herzen. Es ist bei uns und sieht durch unsere Augen in die Welt, in der es sich selbst erkennt. Durch all die Qual hindurch.
Diese Kraft, sie zieht uns zueinander, in den stillen Augenblick, in die tiefe Umarmung, den haltlosen Halt. Sie küsst uns das Gift von den Lippen, die Bitterkeit aus dem Blick, die Angst von der Seele. Im Hin und Her des Lebens hält sie uns aufrecht in jedem Augenblick. Sie ist in Dir, in jedem atmenden Wesen. Sie ist so leicht zu übersehen, so leicht zu überhören, so leicht zu übergehen.
Weshalb sie diese Stille braucht, wie ein scheues Reh, das mit weit aufgerissenen Augen nach den Gefahren lauscht. So still muss es sein, dass sie sich in Dir zeigt. Die Liebe, die in allem liegt. In jedem Regentropfen, den Du fallen siehst, in jeder Pfütze, in der sich grauer Himmel spiegelt, im Straßenlärm und den lauten Menschen, die nichts sehen, die nichts sehen. Eine so zärtliche Liebe, die frei ist von jedem Wollen. Eine Liebe, die liebt.
Kennst Du sie? Diese Liebe, in der Du Dich vollkommen selbst vergisst? Erlöst in ihrem Atem, in ihrem Blick, in ihr Lächeln, das nie versiegt? So stark ist diese Liebe, dass sie niemals ihren Blick abwendet, wohin sie auch sieht, auch wenn sie auf ewig unerkannt bleibt von allem, was sich darin spiegelt. Sie ist unvergänglich, alles fällt in sie hinein und wird aus ihr geboren.
Sie zeigt sich Dir, wenn Du sie sehen willst, wenn Du sie so sehr spüren willst, dass Du sie liebst. Mehr als alles andere liebst. Diese Liebe nimmt Dich ganz mit Haut und Haar. Sie lässt nichts übrig von Dir, was draußen bleiben kann. Du stirbst für sie und sie für Dich. Was bleibt ist der Lauf der Jahreszeiten, das Knospen, das Erblühen und Vergehen, mit dem Du fließt, bis Du Dich nicht mehr daraus erhebst.
Liebe Nicole,
Wunderschön hast Du die Liebe in Worte gefasst. Ich kann sie fühlen, durch Deine Worte hindurch.
Das ist sehr berührend und schenkt mir gerade ein wunderbares Gefühl. Danke für Deine Liebe.🙏❤️
Liebe Grüße von Susanne
Das hat mich sehr berührt … Danke Dir! <3
Verzaubernd, tanzen diese Worte hinein in den Handschuh, berühren die Kraft….. und, verschmelzen mit ihr.
Eine der schönsten Beschreibungen der Liebe, die ich je gehört habe. Dir zuzuhören ist so schön. Danke Nicole
So wundersam schön, ich bin berührt
Total schön, auch der Regen. Danke!
Oh, liebe Nicole…
So wunderschön… mir steigen Tränen in die Augen vor Berührung.
Ja, in diese stille “ Liebe“ zieht ES mich immer mehr .
Danke, für diese Worte, die durch dich fließen.
In Liebe , Antje