Karl Renz: Wenn die Suche endet, bevor sie begonnen hat - anhören

von Nicole Paskow

 

Karl Renz ist in der spirituellen Szene eine Ausnahmeerscheinung. Während viele Lehrer Methoden, Übungen oder Wege zur Erleuchtung anbieten, lacht er darüber. Seine radikale Direktheit sprengt jede spirituelle Hoffnung – und genau das macht ihn so einzigartig. Wer ihn hört, kann entweder genervt die Augen verdrehen oder erleben, dass das, was gesucht wird, immer schon da war.

Wer ist Karl Renz?

Karl Renz hatte keine klassische spirituelle Suche. Sein Erwachen geschah spontan, ohne Guru, ohne Technik, ohne jahrelange Meditation. Danach begann er zu sprechen, nicht um etwas zu lehren, sondern weil ihm Fragen gestellt wurden. Seine Art ist direkt, humorvoll, provozierend – und manchmal verwirrend.

Seine zentrale Aussage ist: „Du kannst nicht nicht sein, wer Du bist.“

Das, was du suchst, ist das, was jetzt liest. Da ist kein Jemand, der etwas erlangen oder erreichen muss.

Vergleich mit anderen spirituellen Lehrern

Karl Renz’ Ansatz unterscheidet sich grundlegend von anderen Lehrern:

  • Byron Katie arbeitet mit der Umkehrung von Gedanken, aber Karl Renz würde fragen: „Wer stellt die Frage? Gibt es überhaupt ein Problem?“
  • Eckhart Tolle lehrt das Leben im Jetzt – Karl Renz sagt: „Es gibt niemanden, der nicht im Jetzt ist.“
  • Rupert Spira beschreibt Bewusstsein als Grundlage aller Erfahrung – Karl Renz sagt: „Es gibt keine Erfahrung und niemanden, der sie hat.“

Bei ihm gibt es keine Stufen, keine Prozesse, keine Entwicklung. Er weist darauf hin, dass jede spirituelle Suche nur eine Ablenkung vom Jetzt ist.

Warum Karl Renz verstörend wirken kann

Viele, die ihn hören, erleben eine Mischung aus Faszination und Ablehnung. Warum? Weil er kein Konzept gibt, an dem sich der Verstand festhalten kann. Er sagt nicht, dass man still sein soll – aber auch nicht, dass man sprechen soll. Er sagt nicht, dass man denken soll – aber auch nicht, dass man nicht denken soll. Er gibt keine Richtung vor, weil es niemanden gibt, der eine Richtung bräuchte.

Was bleibt, ist das, was gerade geschieht – und das ist genau das, was immer schon so war.

Warum man nicht mit Karl Renz anfangen sollte

Für jemanden, der noch tief in Identifikation mit Gedanken und Emotionen steckt, kann Karl Renz überwältigend sein. Seine Aussagen entziehen dem Verstand jegliche Orientierung – und das kann dazu führen, dass man sich verloren oder abgelehnt fühlt. Nicht wenige seiner Zuhörer landen in einer ausweglosen Sinnlosigkeit, die depressiv machen kann.

Spirituelle Konzepte und Methoden, wie sie beispielsweise bei Eckhart Tolle oder Byron Katie zu finden sind, helfen oft, eine gewisse Klarheit über den eigenen inneren Zustand zu gewinnen. Sie bieten Werkzeuge, um Gedankenmuster zu erkennen, Emotionen zu integrieren und sich mit dem gegenwärtigen Moment vertraut zu machen. Erst wenn diese Strukturen durchschaut wurden, kann das, was Karl Renz sagt, wirklich verstanden werden.

Es ist, als würde man versuchen, die höchste Wahrheit direkt zu erfassen, ohne zuvor die gewohnte Wahrnehmung zu hinterfragen. Wer noch an die Notwendigkeit persönlicher Entwicklung glaubt, für den kann Karl Renz‘ Radikalität zu einem Gefühl großer Verwirrung führen. Wenn jedoch bereits eine gewisse innere Klarheit entstanden ist, kann seine Direktheit wie ein Befreiungsschlag wirken. So ging es mir.

Hier kannst Du den ersten Teil meiner fünfteiligen Videoreihe mit ihm anschauen.

Mein eigenes Resümee von Karl Renz

Das, was übrig bleibt, wenn alles wegfällt, ist dieser Augenblick, so, wie er ist. Mir wurde klar, dass ich überhaupt gar nichts an mir verändern muss, ja es noch nicht mal kann, denn ich bin schon immer die, die ich bin, genau so, wie ich augenblicklich erscheine.

Hinter jeder Idee der Veränderung steckt nur ein Widerstand gegen die aktuelle Erfahrung des Erlebens. Und dieser Widerstand bin „Ich“. „Ich“ will mich besser mit mir fühlen. Das ist alles. Und dieses „Ich“ mit „mir“ steht schon für eine unzulässige Zweiheit. Anstatt eine direkte Erfahrung zu machen, denke ich über sie nach. Und erschaffe damit eine Trennung, die gar nicht da ist. Das ist das ganze Problem. Dadurch lebe ich in einer Gedankenwelt. Das Nachdenken über etwas entsteht nur, weil ich etwas nicht erleben will. Ohne diesen Widerstand gibt es gar keine Gedanken. Und dadurch auch kein Problem mit dem, was erlebt wird.

Schöpfung entsteht nicht aus Gedanken

Zum Kreativsein (und das ist das Leben in jedem Augenblick) braucht es keine Gedanken. Kreation ist ein seherischer Prozess. Es wird etwas durch „Sehen“ geschöpft und erschaffen. Es ist kein denkerischer Prozess, kein Vergleichen mit Vorerfahrungen, kein Verknüpfen von bereits Gewusstem. Einfach nur ein Hinsehen. Das Leben braucht keine Gedanken. Sie sind nur das direkte Symptom des Widerstands gegen leidvolle Erfahrungen.

Den Augenblick so zu nehmen, wie er ist, geschieht dann, wenn erkannt ist, dass auch der Widerstand gegen eine Erfahrung nur eine Erfahrung ist. Nichts, was Wurzeln hat, nichts, was feststeht. So ist das Ich auch nichts, was feststeht, sondern eine Erfahrung wie jede andere auch. Sie kommt und geht. Es ist (in Wirklichkeit) niemand da, der von dem weg will, was gerade in der Wahrnehmung auftaucht. Der, der weg will, taucht auch nur in der Erfahrung als die Erfahrung eines Erfahrenden auf, der scheinbar wählen kann, ob er geht oder bleibt.

Den Erfahrenden gibt es aber gar nicht. Eigentlich ganz einfach, wenn diese Illusion des Icherfahrenden nicht so raumgreifend wäre, dass sie sich dadurch als Absolutum darstellt. Als absolutes Zentrum. Das macht es so schwer zu sehen, was wirklich los ist. Das Ich ist ein blinder Fleck, der sich selbst niemals sehen kann. Es kann nicht erwachen. Es kann nur als Erfahrung erkannt werden. 

Fällt der Widerstand weg, fällt das Zentrum weg.

Das, was sich zeigt, ist das Einzige, was ist. Ich muss mir auch nicht ständig sagen, dass das Leben nur ein Traum oder eine Illusion ist, weil das nichts daran ändert, dass das Leben, wie es sich augenblicklich zeigt, das ist, womit umzugehen ist. Die Erfahrung hört ja nicht auf. Selbst wenn sich herausstellt, dass es sie gar nicht gibt.

Hier wird kein Widerstand gegen den Widerstand mehr wahrgenommen und damit auch keine Entwicklung. Ich bin da und war es auch schon immer. Wo soll ich denn noch hin? Außer in ein anderes Erleben von mir, das aber auch nur ein weiteres, veränderliches und vergängliches Erleben ist. Auch das beste Erleben von mir ist veränderlich und vergänglich. Nichts also, was MICH wirklich berührt. Denn ICH bin als Erfahrung nicht auffindbar und folglich nicht zu definieren. Ich bin einfach.

Das ist absolute Freiheit.  Es gibt kein Werden mehr, weil es das sowieso immer nur als undurchschaute Idee gibt. Denn alles ist bereits so, wie es ist. Es gibt kein „Ankommen“ irgendwo, denn „Hier“ ist der Augenblick und Ort an dem alles zu 100 Prozent so ist, wie es ist. Über was sollte man da noch extra nachdenken, wozu? Man erlebt einfach das, was ist, wie es gerade ist. Und das, was ist,  ist nicht „fassbar“, es ist nur erlebbar. Ein ständiger Durchgang. Ein Lebensstrom, der sich erlebt.

Das Absolute ist im Relativen

Die Ewigkeit zeigt sich nur durch die Zeit, als Projektion auf sich selbst. Angekommensein drückt sich für mich durch das vollkommen direkte Erleben des Lebens aus. Alles wird erlebt, wie es ist. Da passt nichts dazwischen. Es gibt keine Unterbrechung. 1:1.
Es ist für den Verstand nicht möglich zu verstehen, was dieser Satz „Alles wird erlebt, wie es ist“, tatsächlich bedeutet. Weil er selbst der Widerstand gegen eine direkte Erfahrung ist. Das große Paradoxon ist:  Es findet ein scheinbarer Perspektivwechsel statt, der sichtbar macht, dass es gar keine Perspektive gibt, die einen Wechsel erleben könnte, sondern nur:
Das Leben, das sich lebt, wie es sich lebt. – Karl Renz

 

 

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In einer Welt, in der das Offensichtliche selten hinterfragt wird, lädt „Ein Riss in der Realität“ dazu ein, tiefer zu blicken und die unsichtbaren Fäden zu entdecken, die unser Sein durchdringen. Dieses Buch versammelt 24 inspirierende Essays, die ursprünglich als Adventskalender auf Nicole Paskows Blog entstanden sind.

Jeder Text öffnet ein neues Fenster in die Weiten unseres Bewusstseins und ermutigt den Leser, die wahre Natur des Menschseins zu erkunden. Es ist eine Einladung, mit den inneren Augen zu sehen und die Klarheit zu finden, die in der Essenz unserer Existenz verborgen liegt.