Lass Dich fließen - anhören

von Nicole Paskow

 

Während ich das schreibe, habe ich noch Kopfschmerzen. Ich liege schon den halben Tag im Bett. Die Aspirin hat nichts geholfen, es pocht hinter den Schläfen. Es tut weh. Immer, wenn es weh tut, werde ich traurig. Ich fühle die Tränen über meine Wangen fließen. Schmecke ihr Salz. Ich fühle in diesen schmerzhaften Fluss hinein, der hinter meiner Brust pulsiert.

Die Kraftlosigkeit und der körperliche Schmerz schlucken die Zukunft. Sie fällt in sie hinein und mit ihr alle schönen Aussichten. Jetzt geht es nur um diese Tränen und um diesen Schmerz hinter den Schläfen.

Jede Frage nach dem Warum, erzeugt einen neuen Stich. Alles, was ich will, ist Stille. Schlafen. Ruhe. In dieser Ruhe versickern die Tränen wie Wasser im Wüstensand. Sie reichen nicht an den Rand der Stille. Der Schmerz hinter den Augen, der Stirn und den Schläfen wird weicher, friedvoller.

In die Erfahrung eintauchen

Nichts als das. Ich bin nichts als das, gerade jetzt. Keine Fragen nach dem Woher und Wohin und Wozu? Keine Fragen nach dem Grund von irgendetwas. Nur Dasein in der Stille dieses Schmerzes. Mehr will das Leben nicht. Es geht niemals um gut oder schlecht. Das ist das große unendliche Geheimnis. Die wahnsinnige Entdeckung.

Ganz einzutauchen in diese Erfahrung, wie sie gerade eben ist und ihr die Stille zu schenken. Sie vor Fragen bewahren, sich nicht mit Gedanken von ihr abwenden. Das ist die Hingabe an mich selbst als diese Lebendigkeit. Die sich auch als Schmerz äußert, auch als Traurigkeit, die keinen Grund braucht, den ich erkennen will. Jede nötige Information liegt in diesem Augenblick. Es pocht. Es sticht, es drückt die Lider zu. Es will schlafen. Ausruhen, nichts tun, nichts denken, nichts sein.

Ist es nicht immer so? Wir wissen doch immer, was wir gerade wollen oder nicht wollen. Und wenn wir es nicht wissen, dann liegt es daran, dass uns etwas daran hindert, es wahrzunehmen. Irgendwelche Ideen davon, was wir denken und fühlen sollten, was besser wäre, als das, was wir eben gerade empfinden.

Hier hat der Verstand nichts zu tun …

Dann schaltet sich der Verstand ein, mit seinen Theorien und seinen kurzsichtigen Schlussfolgerungen. Er führt uns damit nur in die Irre, denn ihm fehlt etwas ganz Entscheidendes. Ihm fehlt das Herz der Offenheit für diesen Augenblick. Hier will er sich nicht aufhalten, denn hier hat er nichts zu tun.

Mein Kopfschmerz braucht ihn nicht. Nur die Angst braucht ihn, die wissen will, was los ist, und wovor er sich schützen soll, was zu tun ist, um in Zukunft dieses Angstgefühl zu vermeiden, diesen Schmerz, die Hilflosigkeit …

Sich ganz einzulassen auf sich selbst heißt ein leeres Feld zu sein, das jeden Regen, der in seine Erde eindringt, fühlt und die Frucht in Empfang nimmt, die sich durch ihn ergibt. Auch Schmerz, auch Erschöpfung, auch Kraftlosigkeit, alles, was da kommt…

Nichts bleibt „draußen“ …

Alles zu erfahren ist der einzige Weg, lebendig zu sein und das Leben auszuerleben. Nichts zurückzulassen, genau hinzuspüren, genau hinzusehen, ganz klar zu sein für alle Regungen, die sich in dieser Atmosphäre innerer Offenheit offenbaren. Von hier aus geht die Liebe in alles über, was in der Erfahrung erscheint.

Von hier aus. Von Dir aus. Von dem, was Dir am allernächsten ist. Von diesem Gefühl jetzt. Von dieser Empfindung. Lass sie fraglos sein. Und sei ganz wach für sie und Du weißt auf eine neue Art von Dir und der Welt.

Dieses Wissen ist inneres Wissen, ist das einzige Wissen, das Dir den Weg weißt. Es lässt Dich ganz in Dich selbst einziehen und klar erkennen, dass niemand, außer Dir selbst, wissen kann, was mit Dir ist. Du wirst zu Deiner einzigen Erfahrungswelt in der Offenheit Deines Innenraumes, der sich zum Außenraum wandelt, je tiefer Du in ihn einsinkst. Innenraum – Außenraum – Dasein.

Die Stunden allein mit uns selbst …

Ich bin kraftlos und spüre dennoch den Drang mich durch die Kraftlosigkeit hindurch auszudrücken. Ich gehe dem Drang nach. Bis er sich erschöpft hat, bis er sich ausgesprochen hat. Bis das nächste geschieht, was ich nicht wissen kann. Niemand weiß etwas. Das erfahren wir zutiefst in den Stunden mit uns selbst allein.

In den Stunden ohne Zukunft und ohne Vergangenheit. In diesen Stunden, ohne die Möglichkeit uns auszuweichen, in denen uns das Leben anhalten lässt, warum auch immer. Dann halten wir an. Und wenn es weiter geht, dann geht es weiter. Niemand entscheidet das. Niemand macht das.

Du fühlst es, wie das Feld, das offen da liegt und es in sich einregnen lässt …  Lass die Impulse durch, lass die Gefühle durch, sie sind der Motor für die lebendige Wahrhaftigkeit, die sich in der wachen Präsenz des Daseins erfährt. Bedingungslos und auch gnadenlos. Sei nicht zu feige für dieses Leben, für Deine echten Gefühle, für Deine wahren Empfindungen. Halt nichts zurück, halt nichts fest, spür einfach … fühle … sei … lass Dich fließen …

 

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