Der schwarze Punkt in der Pupille - anhören

von Nicole Paskow

Es ist, wie es ist … was bedeutet das eigentlich? Wie immer, hat alles, was wir betrachten können, verschieden tiefe Dimensionen. So auch diese Aussage. Die meisten Menschen meinen damit bestimmte Situationen, oft unangenehme, die sich nun mal nicht ändern lassen.

Ein schulterzuckendes „Es ist, wie es ist“, hilft da manchmal, die Stimmung zu heben oder nicht abrutschen zu lassen. Und es stimmt ja auch. Situationen, die bereits eingetreten sind, lassen sich nicht mehr verhindern oder rückgängig machen.

Doch, so wie ich das sehe, ist das nicht alles. Wenn wir das Ganze vom absoluten Standpunkt aus betrachten, eröffnet sich uns ein erstaunlicher Blick auf absolut alles, was wir erfahren können.

Die Stille in der Bewegung

Es ist, wie es ist … bedeutet für mich – egal, was wir tun oder nicht tun, es ist immer, wie es ist. Alles ist immer so, wie es ist. Ob ich jetzt meinen Blog einstampfe und nie wieder einen Text schreibe, oder noch zehn Bücher herausbringe, ist völlig egal. Weil es immer so sein wird, wie es ist, vollkommen gleichgültig, was geschieht. Aus der absoluten Sicht bedeutet „Es ist, wie es ist“, die Stille in der Bewegung. Sie bezeichnet die Determiniertheit von allem.

Der Inhalt ist immer der Inhalt, wie auch immer er ist. Doch was als Inhalt geschieht, ist variabel und hängt allein von der Gesamtbewegung ab, die keinen Anfang und kein Ende hat. Niemand „tut“ die Bewegung, sie ist nicht abhängig von etwas. Als würde sich die Geschichte des Lebens selbst „spinnen“ und wir uns als Gesponnene darin wiederfinden.

Oder können wir uns etwa persönlich für den Inhalt unserer nächtlichen Träume verantwortlich erklären? Wohl kaum. Sie geschehen dem Träumenden, der träumend nicht weiß, dass er träumt und schlafend nicht weiß, dass er schläft.

Ein Geschehen, das niemanden betrifft

Wir kommen nicht aus dieser Bewegung heraus und wir können die Stille nicht erfahren. Sie bleibt stets unberührt von jeder Erfahrung. Als Träumende können wir nichts von uns selbst wissen, weil wir selbst es ja sind, die da träumen. Dein nächtlicher Traum existiert nur deshalb, weil es Dich als den Träumenden gibt.

Für den Traum und das Traumgeschehen ist es egal, ob von Dir als unsichtbarem Träumenden gewusst wird oder nicht und da Du selbst nicht von Dir wissen kannst, ist Dir der Traum ebenso gleichgültig. Ein ewiges Geschehen, das niemandem geschieht und niemanden betrifft.

Die Bedeutung des Geschehens liegt allein im Geschehen, nicht im Träumenden selbst. Sie ist substanzlos, wie eine Seifenblase, deren Bedeutung in sich selbst liegt. Sie ist da, schillert und platzt. Fertig.

Absolute Bedeutungslosigkeit

Es ist, wie es ist, das ist wie das Löwesein des Löwen, es ist wie das Menschsein des Menschen, es ist das absolute, immerseiende Sosein alles Erfahrbaren. Das Absolute im Relativen. Völlig ungreifbar und doch ist es da. Es bedeutet, dass die Grundlage unseres Seins einer absoluten Bedeutungslosigkeit entspringt.

Wir können uns abstrampeln, um in dieser Welt etwas darzustellen, wir können versuchen unsere hehren Ziele zu erreichen, wir können uns kasteien oder gehen lassen, wir können ja oder nein sagen, wir können hierhin oder dorthin gehen, dieses oder jenes tun. Immer wird es im absoluten Hintergrund aller Dinge diese absolute Bedeutungslosigkeit geben, die zu allem schweigt. Ob es uns gut geht oder schlecht: Schweigen. „Es ist, was ist.“

Ich glaube, für den, der hinter alle Kulissen des Lebens blicken will, kann das absolut wunderbar sein. Es zeigt nämlich die totale Freiheit in allem. Wenn es letztendlich egal ist, was ist, weil nur das ist, was ist und niemand es beeinflussen kann, weil es aus sich selbst heraus geschieht, gibt es keinen Grund mehr etwas selbst zu tun oder nicht zu tun. Da ist nur noch Haltlosigkeit und kein Ich mehr, das sich daraus erheben könnte.

Eigensinn macht keinen Sinn

In dieser absoluten Haltlosigkeit lebt sich das Leben so, wie es sich lebt. Eigensinn macht keinen Sinn. Ich bin hingegeben in die Hände des Lebens. Ich war nie etwas Eigenes, davon Abgetrenntes, ich war immer schon eins mit dem Sosein aller Dinge.

Es ist sinnlos mich abzustrampeln, ich kann ja sowieso nichts „für mich allein“ erreichen. Denn dieses „für mich allein“ ist nur eine Bewegung in der Stille, wie jede andere Bewegung auch. Sie ist nichts Essenzielles, sie ist nicht die Wirklichkeit.

Die Wirklichkeit ist so wirklich, dass sie nicht als sie selbst sichtbar wird. (Der Träumende kann nicht als er selbst im Traum erscheinen.) Sie zeigt sich als alles Geschehen und ist darin unangetastet von allem Sein. Sie zeigt sich als Ich, das tut, was es tut. Was auch immer es tut. Ob es einen Krieg anzettelt oder das Paradies auf Erden errichtet. In der Unantastbarkeit der Stille in der Bewegung liegt der absolute Frieden und die absolute Entspanntheit des Daseins.

Geträumtes Menschsein

Im Grunde bringt uns das für unseren Alltag gar nichts. Weil es nicht darum geht, uns etwas zu „bringen“. Es geht nicht um Vorteile aus Erkenntnissen, weil es keine Vorteile durch Erkenntnisse gibt, da es niemanden gibt, der sie haben könnte, weil wir uns nur einbilden „Jemande“ zu sein, die selbständig agieren.

In Wirklichkeit sind wir tief im „In sich Seienden“ geborgen und träumen uns als Menschen, die ein Leben leben. Und das seit schon immer und für immer in diesem einen unerreichbaren Augenblick. Warum können wir das ominöse „Jetzt“ nicht fassen?

Weil alles ein Traum ist, den niemand träumt, der von sich weiß. Allein sein „nicht um sich selbst wissendes“ Dasein ist die Wirklichkeit, die uns zugrunde liegt. Darin tauchen wir als scheinbar Wissende auf. Als geträumter Spiegel für das ewige unwissende Wissen um unser Sosein.

Der Tod mitten im Sein

Das ist der schwarze Punkt in der Pupille, in den alles hineinfällt, mit dem alles gesehen wird, aus dem alles entsteht. Ein endloser Abgrund, mitten im Lichtermeer des Lebens. Nichts anderes als der Tod mitten im Sein. Unteilbar.

Wir kommen nicht raus aus dem Traum des Lebens und das ist weder gut noch schlecht. Es ist, wie es ist … Das Klügste ist, einfach nur mit dem zu sein, was gerade ist. Weil es sowieso geschieht, wie es geschieht. Am Ende wird jeder Mensch vom Winde verweht, wie die kunstvollen Sandmandalas der buddhistischen Mönche auch.

Wir sind, was wir sind. Und dieses unfassbare, unerklärliche, unerreichbare Sein zeigt sich direkt als unsere Gefühle, Gedanken, Handlungen. Wir sind es schon. Wir müssen nichts dafür sein oder tun. So direkt ist es. Es liegt in diesem Augenblick und lebt mich und Dich so, wie es das tut.

Eine unendliche Haltlosigkeit, die keinen Ausweg kennt als diesen einen, ewigen Augenblick, den Du hier und jetzt erlebst. So, wie er ist.

 

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