Was Frieden ist und was er nicht ist - anhören

von Nicole Paskow

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Wir suchen Frieden oft dort, wo er nicht ist – in der Zukunft, in Zielen, in einem besseren Ich. Doch wirklicher Frieden entsteht nicht durch Veränderung, sondern durch ein Ankommen im Jetzt.
Dieser Text ist eine Einladung, still zu werden. Ihn nicht nur zu lesen, sondern zu spüren – dort, wo alles Leben tatsächlich geschieht: in diesem Augenblick.

Die Flucht vor dem Jetzt

Es ist erstaunlich, wie schwer es uns fällt, einfach bei dem zu bleiben, was gerade da ist. Besonders, wenn das, was da ist, sich unangenehm anfühlt. Unser ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, etwas zu verändern, zu verbessern, zu erreichen.

Schon früh lernen wir, dass irgendwo ein besserer Zustand auf uns wartet – einer, in dem endlich alles stimmt. Die Werbung, die Selbstoptimierung, selbst viele Formen der Spiritualität nähren diese Sehnsucht. Wenn ich erfolgreicher bin, dann. Wenn ich liebe, dann. Wenn ich Ruhe finde, dann. Immer wartet da ein dann, das den gegenwärtigen Moment entwertet.

Wir leben in der Hoffnung, dass sich das Leben eines Tages erfüllt. Doch solange wir glauben, dass Frieden erst später möglich ist, bleibt jeder Augenblick nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu einem erträumten „irgendwann“.

Wo Frieden wirklich beginnt

Frieden lässt sich nicht erreichen. Er beginnt dort, wo das Streben endet.
Er entsteht, wenn wir die Flucht vor dem Unangenehmen aufgeben und uns erlauben, in der Unruhe zu verweilen – ohne Absicht, ohne Ziel.

Das ist kein romantischer Zustand, sondern ein stilles Erkennen:
Alles, was in mir auftaucht – Angst, Wut, Zweifel, Leere – will nur da sein dürfen. Es verlangt nicht nach einer Lösung, sondern nach Raum.

Wenn ich mich still neben meine Einsamkeit setze, verliert sie ihre Schärfe. Wenn ich meine Angst einfach spüre, ohne sie zu kommentieren, wird sie durchlässig. Sie muss nichts bedeuten. Sie darf einfach sein.

Das Ende des inneren Kampfes

Dieses Dürfen verändert alles. Es öffnet eine Tiefe, die jenseits des Wohlgefühls liegt.
Denn in Wahrheit will das Leben nicht, dass wir uns erlösen. Es will, dass wir anwesend sind. Dass wir nicht länger kämpfen gegen das, was ohnehin geschieht.

Gerade in der Spiritualität wird oft vom Erwachen gesprochen – als wäre es der Moment, an dem das Leiden verschwindet. Doch Erwachen heißt nicht, dass Angst oder Schmerz aufhören. Es heißt, dass wir aus dem Traum erwachen, sie müssten je verschwinden.

Wirkliches Erwachen ist ein Einverständnis mit dem, was ist.
Es ist die Entdeckung, dass nichts von dem, was in uns auftaucht, gegen uns gerichtet ist.

Dunkelheit und Licht gehören zusammen

Ich erinnere mich an Momente, in denen ich einfach sein durfte – ohne Ratschläge, ohne Erwartungen. In solchen Augenblicken fiel jede Anstrengung ab. Etwas in mir entspannte sich, weil es sich gesehen fühlte.

Genauso möchte das Leben selbst gesehen werden: in all seinen Formen, hell und dunkel zugleich. Es gibt keine inneren Dämonen, solange niemand die Dunkelheit abwehrt.

Dunkelheit ist kein Feind des Lichts, sie ist sein Hintergrund.
Das Licht, das beides sieht, ist weder hell noch dunkel – es ist Bewusstsein selbst.
Jener stille Raum, der alles trägt und doch unberührt bleibt.

Ruhen im Unbekannten

Diesen Raum müssen wir nicht suchen. Er ist längst da.
Wenn er erkannt ist, verändert sich das Leben nicht plötzlich. Der Alltag bleibt, die Bewegungen bleiben, die Gefühle kommen und gehen. Aber etwas in uns hört auf, sich dagegenzustellen.

Es gibt kein Paradies, das auf uns wartet, kein endgültiges Ankommen.
Es gibt nur dieses tiefe Einlassen auf das, was jetzt geschieht – Zweifel, Unwohlsein, Nichtwissen ebenso wie Freude, Lust und Energie.

Und mitten darin etwas, das trägt. Etwas, das sich nicht benennen lässt, aber fühlbar ist. Sicherheit gibt es nicht. Kein Rezept, kein Wissen, das uns vor der Unsicherheit des Lebens schützt.

Doch es gibt ein Ruhen in dem, was sich nicht greifen lässt – ein stilles Vertrauen, das nicht auf Beweisen beruht. Dieses Vertrauen ist kein Glaube, sondern ein Erkennen:
Ich bin hier. Ich werde gelebt.

Das Einverständnis mit dem Leben

Ich atme, ich fühle, ich handle. Und in diesem einfachen Geschehen ist Frieden.
Das liegt nicht daran, dass das Leben leicht geworden wäre, sondern weil der Widerstand aufgehört hat.

Ich will nichts mehr an mir ändern. Ich will nichts anderes fühlen als das, was gerade da ist. Das ist Frieden.

In diesem Frieden öffnet sich der Horizont. Das Leben wird weiter, tiefer, echter.
Ich beschränke mich nicht mehr auf das Helle, sondern nehme auch das Dunkle als Teil des Ganzen.

Und plötzlich wird der Atem frei, leicht, ohne das Gewicht einer Zukunft, die besser werden muss. Ich bin hier. So, wie ich bin. Jetzt.

Und das genügt.

***

Kannst Du Dir erlauben, heute für einen Moment einfach nur da zu sein – ohne etwas zu verändern, ohne etwas zu verstehen – und zu spüren, dass genau das schon Frieden ist?

 

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In einer Welt, in der das Offensichtliche selten hinterfragt wird, lädt „Ein Riss in der Realität“ dazu ein, tiefer zu blicken und die unsichtbaren Fäden zu entdecken, die unser Sein durchdringen. Dieses Buch versammelt 24 inspirierende Essays, die ursprünglich als Adventskalender auf Nicole Paskows Blog entstanden sind.

Jeder Text öffnet ein neues Fenster in die Weiten unseres Bewusstseins und ermutigt den Leser, die wahre Natur des Menschseins zu erkunden. Es ist eine Einladung, mit den inneren Augen zu sehen und die Klarheit zu finden, die in der Essenz unserer Existenz verborgen liegt.