Es gibt etwas im Menschen, was das schlichte Erleben einfach nur da zu sein und das Leben zu erfahren, wie es ist, beinahe unmöglich macht. Dieses Etwas kann man als das innere Korrektiv bezeichnen.

Diese Instanz macht sich als Gedanken/Gefühle bemerkbar, die in erster Instanz wahrgenommene Empfindungen bemerkt und gleichzeitig korrigiert. Es ist ein sehr schneller Vorgang, der dem Bewusstsein meist verborgen bleibt:

Eine unangenehme Emotion taucht auf. (Neid, Eifersucht, Wut, Unsicherheit …) Die zweite Instanz nimmt dieses Empfinden augenblicklich wahr und blockiert es im selben Moment mit entkräftenden Gedanken oder Gegenemotionen des Widerstands, wie Ärger, Scham oder Zweifel an „sich selbst“.

Ein diktatorisches Selbstbild

Ursache ist ein Selbstbild, das keine der oben genannten Empfindungen haben darf. Demnach wird alles, was diesem Selbstbild zuwiderläuft blockiert, abgespalten, umgelenkt, ignoriert, umgedeutet. („Ich bin nicht neidisch, eifersüchtig, unsicher, wütend …!“)

Wenn das geschieht, ist der Mensch mit seinen Gedanken und Gefühlen „verstrickt“, was eine Veränderung seiner Wirklichkeit zur Folge hat: Er nimmt die unangenehmen Emotionen, die sich zuerst gezeigt haben, nicht vollständig wahr. Was verhindert, dass die Information, die in ihnen steckt, erfahren wird. Stattdessen reagiert das Korrektiv. Wir verbiegen unsere Wahrnehmung.

Es herrscht keine Klarheit, keine innere Einigkeit, kein ein-faches Sein mit den wirklichen Emotionen und Gedanken. Dadurch fühlen wir uns latent minderwertig, schlecht, unzufrieden, blockiert und oftmals auch energielos. Aus diesem Empfinden der Unzufriedenheit wollen wir dann wieder heraus und suchen nach psychologischen oder spirituellen Techniken, die uns dabei helfen sollen.

Bewusstsein ist das heilende Prinzip

Doch keine noch so gute, erprobte und bewährte Technik wird uns dauerhaft von unserer inneren Wirklichkeit befreien. Bewusstsein ist das heilende Prinzip. Sobald uns auffällt, dass wir scheinbar in eine Wahrnehmung 1. Instanz und eine Wahrnehmung 2. Instanz gespalten sind – also in einen Erlebenden und einen Korrektor des Erlebten – haben wir schon den Brennpunkt gefunden, von dem aus alles, als Mangel Erlebte, ausgeht.

Der Korrektor ist der Wächter eines uralten Selbstbildes, das sich mit Eintritt in ein Familien- oder Betreuungssystem gebildet hat. Und das kann uns zu Bewusstsein kommen. Das ist alles, was nötig ist.

Im Spiegel eines klaren Bewusstseins zeigt sich das, was ist, ohne Gegenreaktion. Es wird einfach nur registriert, mehr nicht. Niemand mischt sich in das Geschehen ein, also gibt es auch kein Verstricktsein. Es passiert uns. (Im Sinne von: Es zeigt sich, fließt durch uns durch und verschwindet wieder.) Dieses erkennende Licht, das prinzipiell jedem Menschen zur Verfügung steht, ist es, dass die Verstrickung durch Sichtbarkeit und Berührung – mit dem, was gerade tatsächlich geschieht – löst und „Blinde sehend“ macht.

Wer ist das Korrektiv?

Solange dieser Mechanismus im Verborgenen abläuft, empfinden wir das eingreifende Korrektiv („Ich sollte nicht so fühlen …“) als uns selbst. Das permanente Selbstgespräch ist so selbstverständlich, dass es uns gar nicht auffällt, oder wir es als natürlich empfinden, wie wir – und dass wir überhaupt – mit uns selbst sprechen.

Hier die Ursache für unsere zweifelnden, zweifelhaften, missgünstigen, missmutigen, unguten Empfindungen zu sehen, ist ein großer Schritt, der uns aus einer uralten Wahrnehmungsverzerrung führen kann. Dann sehen wir, dass es nicht das Gegenüber ist, das uns schlecht behandelt, kritisiert, verletzt, übergeht, nicht wertschätzt und nicht sein lässt, wie wir sind. Sondern zuallererst wir selbst. Das Gegenüber ist demnach nichts als die Antwort auf unseren Umgang mit uns selbst.

 

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