Das stille Leuchten- anhören

von Nicole Paskow

 

Ich höre oft Sätze wie: „Es ist nicht leicht“ oder „Man hat’s nicht leicht“. Dabei ist das Leben weder schwer noch leicht. Das, was es zuweilen unmöglich macht die grundlegende Einfachheit des Daseins zu erfahren, ist allein das, woran der Mensch glaubt. Dasein ist nicht schwer. Jeder Mensch kann das in jedem Augenblick entdecken. Er braucht nur mal da zu sein, wo er gerade ist und sich fragen, was er dazu braucht, um einfach nur da zu sein und sich wohlzufühlen.

Dann kann er entdecken, dass dieses einfache Wohlempfinden nichts braucht, um erfahren zu werden. Weder eine Persönlichkeit noch ein Weltbild, weder Geld noch irgendwelche Konzepte über dies und das. Es braucht noch nicht einmal Gesundheit. Im Gegenteil, sobald Gedanken auftauchen, die uns weis machen wollen, wie etwas zu sein hat, rutschen wir in Glaubenssysteme ab, die uns das Leben vergällen.

Es gibt ein Leuchten in jedem Menschen, das immer gegenwärtig ist. Dieses Leuchten existiert unangetastet von allen Gedankenformen, von allen Glaubenssystemen, von allem emotionalen Auf und Ab, von der gesamten Geschichte des Menschseins. Dieses stille Leuchten wird von beinahe allen Menschen übersehen. Wir suchen so angestrengt nach Glück, Freude, Zufriedenheit, nach schönen Erlebnissen und nach ihrer Dauerhaftigkeit.

Die Sucht nach „positiv und negativ“

Wir versuchen alles dafür zu tun, um unangenehme Situationen und Fehler zu vermeiden. Wir fühlen uns schuldig und verantwortlich, wir schämen uns für uns selbst und glauben an das Richtige und an das Falsche, wir orientieren uns an irgendwelchen Welt- und Selbstbildern, die wir irgendwann einmal in uns eingesaugt haben wie der Säugling die Muttermilch. Oder die wir uns hart erarbeitet haben, um von einem schlechten Erfahrungspol in den guten Erfahrungspol zu wechseln.

Dabei ist das, wonach wir suchen so nah, dass es einfach keiner glauben kann.

Die einfache Präsenz des Daseins, die in jedem einzelnen Menschen, in jedem einzelnen Augenblick anwesend ist, ist genau das, wonach sich jeder Mensch sehnt. Und sie ist genau das, wovor wir in jedem einzelnen Augenblick davonrennen, wenn wir den Gedanken glauben, die in uns auftauchen und die uns etwas darüber erzählen wollen, wie das Leben richtig geht, damit es richtig und gut wird.

Das, woran wir glauben, ist das einzige Problem, das wir haben. Es ist die Ursache jedes Unglücks.

Du musst nichts dafür glauben

Das Schöne an dieser Entdeckung ist, dass jeder Mensch es sofort für sich überprüfen kann und dafür nichts glauben muss. Setz Dich hin. Sieh aus Deinen Augen, werde still und sei einfach nur da. Mehr braucht es für diese Erfahrung nicht. Präsenz ist immer da. Sie ist wie eine selbstleuchtende, stille Sonne, die im Herzen aller wohnt.

In diesem ruhigen, angenehmen, entspannten Dasein fällt jeder Sog auf, der uns in eine Meinung zieht, in eine Annahme, eine Vorstellung, eine Idee davon, was zu sein hat, damit etwas besser oder schlechter wird. Sobald das geschieht, verändert sich das innere Klima des entspannten Daseins in die Angespanntheit des Glaubens an richtig und falsch, an positiv und negativ.

Wir brauchen aber kein einziges Konzept, um permanent in der Entspanntheit unserer Anwesenheit zu verweilen. Jeder Gedanke ist schon zu viel. Ausnahmslos jeder Gedanke. Wir sind schon glücklich. Wir sind schon wir selbst, wir müssen uns in keiner Weise irgendwohin entwickeln, um die zu werden, die wir sind. Jeder Gedanke daran, führt uns bereits von der Erfahrung unseres Selbst weg.

Wir sind schon wer wir sind

Präsenz ist schon. Nichts kann sie verhindern oder verändern. Wir können es aber schaffen, ihrer nicht gewahr zu sein, in dem wir Gedanken glauben, die uns glauben lassen, dass wir noch nicht die sind, die wir sein wollen. Sobald wir dies glauben, rutschen wir auf dem Glatteis der Denkerei aus und landen im Gefühlschaos, das allein von diesen Gedankenwelten erschaffen wird.

Und das bringt uns auf die Suche nach uns selbst und hält uns auf ewig in der Suche nach uns selbst. Mach die einfache Entdeckung Deiner Präsenz und Du erfährst Dein ureigenes Dasein, das nichts braucht, um sich wohlzufühlen, um entspannt zu sein, um den Dingen des Lebens offen und in gleicher Gültigkeit zu begegnen.

Es sind allein die Glaubenssysteme, die diese Erfahrung verhindern, das ist alles, was wir wissen müssen. Wir müssen zutiefst wissen, dass wir nichts wissen, sondern nur glauben zu wissen, was wir wissen.

Unkompliziertes Erleben

Die einzige wirkliche Erfahrung, die wir machen können, ist die Präsenz, die wir immer sind. Ausnahmslos alles andere, ist irgendeiner Form des Glaubens geschuldet. Doch wenn wir nichts glauben, machen wir die Erfahrung von einfachem Dasein, das völlig unkompliziert erlebt, was geschieht. Sei einfach nur da und sieh aus Deinen Augen, lass alles fallen, was sich Dir gedanklich aufdrängen will und sei einfach nur da. Von hieraus entwickelt sich Dein Leben in absoluter Natürlichkeit.

Lass Dich von keiner Meinung verführen, von keiner Erwartung, von keiner Idee über Dich selbst.  Und sieh die Menschen, wie sie sind. Jeder Mensch ist schön, friedlich, angenehm und natürlich, wenn er gerade nicht an irgendeinen Unsinn glaubt.

Hässlich wird es dann, wenn wir uns von unseren Weltbildern gefangen nehmen lassen und neurotisch uns selbst und die Welt verbessern wollen, weil sie nicht den Vorstellungen unseres Glaubens von richtig und falsch, von positiv und negativ entsprechen.

Dann kommen wir aus der Mitte dieser ewigen Flamme, die unbeirrt in uns leuchtet und mutieren zu einem Zerrbild, das seine eigenen Schattenwelten kreiert, indem es nach Illusionen greift, die nur da sind, weil jemand daran glaubt. Wie hören wir auf zu glauben?

Die einfache Erfahrung von Präsenz

Indem wir immer wieder die einfache Erfahrung von Präsenz machen und dadurch hautnah die Auswirkung jeder Form des Glaubens erfahren, die uns augenblicklich aus der Ruhe bringen. Irgendwann erlischt einfach das Interesse an der Ruhelosigkeit.

Dann hört die Glauberei ganz von selbst auf. Und wir sind nichts anderes als die Bäume, die sich im Wind wiegen, als die Vögel, die ihre Kreise ziehen, als die Landschaften, die still der klare Ausdruck dessen sind, was in ihnen leuchtet, ohne jemals zu erlöschen. Wir erfahren unsere eigene Natur und Natürlichkeit. Hier ist nichts richtig und falsch. Es ist, wie es ist in einfachem, freiem, wohlwollendem Dasein.

 

 

 

 

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